Corona: öffentliche Veranstaltung


Allgemeinverfügung

des Kreises Ostholstein

zum Verbot öffentlicher Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen auf dem Gebiet des Kreises Ostholstein und zu weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit Veranstaltungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile eine Reihe von Fällen, meist in Verbindung mit Reisen in Risikogebiete und aus besonders betroffenen Regionen. Die Erkrankung COVID-19 verläuft in den meisten Fällen als grippaler Infekt und ist von einem Schnupfen oder einer echten Grippe (Influenza) klinisch nicht zu unterscheiden.

Gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 106 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz – LVwG -) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:

  1. Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen auf dem Gebiet des Kreises Ostholstein werden untersagt. Dies umfasst auch Veranstaltungen, bei denen im Verlauf der Öffnungszeit damit zu rechnen ist, dass mehr als 1.000 Personen täglich den Veranstaltungsort aufsuchen.
  2. Öffentlich zugängliche Veranstaltungen ab einer erwarteten Teilnehmerzahl von 50 Personen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die in Anlage 1 beschriebenen Maßnahmen seitens des Veranstalters sichergestellt sind. Diese Veranstaltungen sind dem Kreis Ostholstein, Der Landrat, Fachdienst Gesundheit, Holstenstr. 52, 23701 Eutin, spätestens 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn schriftlich oder per E-Mail (ugs@kreis-oh.de) anzuzeigen. Die Anzeige muss die in Anlage 2 genannten Angaben enthalten.
    Veranstaltungen im Zeitraum vom 12.03.–26.03.2020 sind unverzüglich nach Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung bei der zuständigen Behörde anzuzeigen.
  3. Diese Allgemeinverfügung gilt sofort ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung bis einschließlich Freitag, den 10. April 2020. Eine Verlängerung ist möglich.
  4. Auf die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen die in Ziffern 1 und 2 enthaltene Anordnung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 3 IfSG wird hingewiesen.
  5. Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

 

Begründung

Zu Ziffer 1:

Das Verbot in Ziffer 1 beruht auf einem Erlass gemäß § 3 Absatz 2 Satz 2 des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren vom 10.03.2020.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.

Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG, der sich in ganz Deutschland derzeit stark verbreitet. Auch in Schleswig-Holstein ist eine nennenswerte Zahl von Krankheitsfällen bestätigt. In allen Kreisen und kreisfreien Städten wurden bereits Krankheits- und Ansteckungsverdächtige festgestellt.

Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 über Tröpfchen, z.B. durch Husten, Niesen, und durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch zu Mensch kommen. Das Verbot von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern dient insbesondere dem Zweck, eine Ausbreitung von COVID-19 zeitlich und räumlich zu verlangsamen und in der gegenwärtigen Lage insbesondere von der noch anhaltenden Influenzawelle zu entkoppeln.

Unter das Verbot von Großveranstaltungen fallen insbesondere:

  • Tanzveranstaltungen (inkl. Diskotheken)
  • Konzerte,
  • Sportveranstaltungen
  • Konferenzen

Nicht unter den Veranstaltungsbegriff fällt die Teilnahme am Regelschulbetrieb an Schulen, Berufsschulen, Hochschulen sowie die Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr oder der Aufenthalt an einer Arbeitsstätte.

Eine zeitlich langsamere Ausbreitung hat den Vorteil, dass die medizinischen Versorgungssysteme über einen größeren Zeitraum in Anspruch genommen werden und die punktuelle Belastung geringer bzw. eine Überlastung vermieden wird. Bei Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern ist davon auszugehen, dass die folgenden, eine Weiterverbreitung von COVID-19 begünstigenden Sachverhalte in stärkerem Maße vorliegen als bei kleineren Veranstaltungen:

  • Räumliche Nähe der Teilnehmer.
  • Überregionale Auswirkungen auf die Verbreitung von COVID-19, da mehr Menschen aus Nachbarregionen, anderen Bundesländern oder mit internationaler Herkunft die Veranstaltung besuchen. Dies hat sowohl Auswirkungen auf einen möglichen Eintrag von Erkrankungen in eine Region als auch auf die Weiterverbreitung über regionale Grenzen hinaus.
  • Eine Kontaktpersonennachverfolgung und daraus folgende Containmentmaßnahmen sind für den Fall, dass ein Teilnehmer im Nachhinein positiv auf SARS-CoV-2 getestet wird, nicht bzw. schlechter möglich.
  • Es ist wahrscheinlicher, dass Personen aus Krankenversorgung, öffentlichem Gesundheitsdienst sowie Innerer Sicherheit und Ordnung unter den Teilnehmern sind, die es besonders zu schützen gilt. Dasselbe gilt für Risikopersonen, zumindest für höhere Altersgruppen.

Hygiene-Maßnahmen, die das Risiko einer Ausbreitung von SARS-CoV-2 einschränken, können die Risiken bei solch großen Veranstaltungen nicht ausreichend senken.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ist die zeitlich befristete Verbotsanordnung verhältnismäßig und gerechtfertigt, um der vorrangigen Gesundheitssicherheit der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz) Rechnung zu tragen.

Aufgrund der mit einer Fluktuation von Personen bei einer Veranstaltung verbundenen Übertragungsrisiken kann bei Diskotheken oder ähnlichen Veranstaltungen mit wechselnden Teilnehmern nicht statisch auf die zu einem bestimmten Zeitpunkt anwesende Personenzahl abgestellt werden. Es ist daher ausreichend, dass aufgrund der Erfahrungswerte des Veranstalters damit zu rechnen ist, dass im Laufe der Dauer der Veranstaltung mehr als 1.000 Teilnehmer zu erwarten sind.

Zu Ziffer 2:

Rechtsgrundlage für die Auflagenerteilung ist § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG i.V.m. § 107 LVwG, da es sich um eine sog. Minusmaßnahme zum vollständigen Verbot der Veranstaltungen handelt.

Die zuständige Behörde muss darüber hinaus im Einzelfall die Möglichkeit haben, risikogeeignete Veranstaltungen unterhalb der Grenze von 1000 Personen zu untersagen. Dazu ist eine Anzeigeverpflichtung für alle Veranstaltungen im Kreisgebiet oberhalb einer Unerheblichkeitsschwelle von 50 Personen notwendig. Die zuständigen Behörden sind durch das Infektionsschutzgesetz gehalten, zu jeder Veranstaltung – auch mit weniger als 1.000 Personen – eine Risikobewertung vorzunehmen, um zu entscheiden, ob ein Verbot erforderlich ist.

Die erforderlichen Daten liegen der zuständigen Behörde jedoch nur zum Teil vor. Die Veranstalter von Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen werden daher verpflichtet, die relevanten Informationen spätestens 14 Tage vor Veranstaltungsbeginn zu übermitteln. Für Veranstaltungen, die in den ersten 14 Tagen nach dem Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung stattfinden, ist eine unverzügliche Meldung an die zuständige Behörde erforderlich.

Um private Veranstaltungen (Geburtstage, Familienfeiern etc.) auszunehmen, erfasst Ziff. 2 nur Veranstaltungen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind.

Rechtsgrundlage für die Auflagenerteilung ist § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG i.V.m. § 107 LVwG, da es sich um eine sog. Minusmaßnahme zum vollständigen Verbot der Veranstaltungen handelt.

 Zu Ziffer 3.:

Die Anordnung tritt ab sofort ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung in Kraft. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist sie bis einschließlich 10. April 2020 befristet. Eine Verlängerung ist möglich.

Zu Ziffer 4.:

Die in den Ziffern 1 bis 4 enthaltenen Anordnungen finden ihre Grundlage in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Zuwiderhandlungen sind strafbar nach § 75 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 IfSG.

Zu Ziffer 5:

Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Kreis Ostholstein, Der Landrat, Lübecker Str. 41, 23701 Eutin, erhoben werden.
Gemäß § 28 Absatz 3 in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.

Auf Antrag kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ganz oder teilweise wiederhergestellt werden. Der Antrag ist beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Str. 13, 24837 Schleswig zu stellen.

Eutin, 12.03.2020

Kreis Ostholstein
Der Landrat
Fachdienst Gesundheit

Reinhard Sager
Landrat

 

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